So, wir sind beim letzten Kapitel des Guides angekommen. Um die Metapher aus der Einleitung wieder aufzugreifen: Wir haben einen Rundum-Ausblick gegeben – der Kompass hat sich einmal um 360 Grad gedreht.
Nun bleibt nur zu fragen:
- Wo liegt dein Norden?
- Wo geht deine Reise hin?
- Und, bist du solo unterwegs – oder als Teil einer globalen Bewegung?
Denn wenn du nach der Lektüre dieses Guides denkst: „Ethisches Marketing – das ist doch einfach gutes Marketing! Warum machen das nicht alle so?“ – dann bist du damit nicht allein.
Die ethische Transformation ist in vollem Gange
Global megatrends are the driving force behind the ethical transformation ... There is an increasing focus on sustainability, transparency, and corporate social responsibility and, quite generally, on the fact that an organization should behave nicely.
Weltweite Megatrends sind die treibende Kraft hinter der ethischen Transformation … Der Fokus auf Nachhaltigkeit, Transparenz und CSR (Sozialverantwortung von Unternehmen) nimmt zu – und damit die grundsätzliche Forderung, dass Organisationen sich gut benehmen sollten. (unsere Übersetzung)
– The Ethical Design Handbook, S. 70
Zugegeben: Wer als erste Person in einem Unternehmen Impulse für ethisches Marketing setzt, braucht womöglich ein dickes Fell. Gute Vorbereitung, ein solider Business Case, Fingerspitzengefühl und Charisma schaden ebenfalls nicht. Aber diese positiven Voraussetzungen erfüllst du nicht von ungefähr.
Nehmen wir Luisa Neubauers Auftritt beim OMR 2023. Sie hätte die Bühne gefälliger nutzen können – zum Beispiel, um zu zeigen, wie man klimafreundliche Produkte vermarktet. Stattdessen zeigte sie Klarheit und Mut und nannte die Dinge beim Namen:
Wenn ihr die Wahl habt, lasst eure Ideen, eure Kreativität, eure Zeit, eure Kraft nicht dort, wo Klimaziele gesteckt, aber kalkuliert nicht eingehalten werden. Wo man meint, mit Offsetting durchzukommen. Wo man mit grünen Erzählungen und Fairtrade-Kaffee in der Büro-Küche, wo man meint, mit all diesen grünen Märchen durchzukommen – und damit im Weg von echter Veränderung steht.
Das Notwendige zu sagen, auch wenn es unbequem ist: Dafür ist Luisa Neubauer bekannt. Aber auch sie ist nicht eines Morgens aufgestanden und hat spontan entschieden, das ab jetzt durchzuziehen – notfalls alleine und koste es, was es wolle. Die ethische Transformation stärkt ihr den Rücken und verleiht ihren Worten besondere Wirkung. Fridays For Future und die vielen befreundeten Klima-Organisationen tragen ihre Botschaft mit und weiter.
Auch du kannst von solcher Community-Power profitieren. Ob du neu zum Thema kommst und erst mal weiterlernen willst – ob du ethische Freelancer_innen suchst, Workshop-Ideen für dein Unternehmen oder einen neuen Arbeitsplatz: Bei den folgenden Gruppen erwarten dich freundlicher Austausch, jede Menge gute Ideen und Inspiration mit Substanz.
Communitys für gemeinwohlorientiertes Unternehmertum
Forum Gemeinwohl e. V.
Das Forum Gemeinwohl „setzt Impulse für die wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema Gemeinwohl. Als gemeinnützige Organisation und unabhängiger Partner unterstützt der Verein die Forschung zu Gemeinwohlfragen, verbindet Theorie und Praxis – und macht die Bedeutung von Gemeinwohl erfahrbar:
- für ein gutes Management und good businesses
- für gute Ideen, Produkte und Lösungen
- für die Förderung von Partizipation und Demokratie
- für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
Dazu organisiert das Forum Veranstaltungen, die wissenschaftliche Erkenntnisse in die verschiedensten Anwendungsbereiche übersetzen und diskutieren. Außerdem entwickelt es Konzepte und Instrumente, die den Gemeinwohlgedanken vermitteln und die Gemeinwohlorientierung in unterschiedlichen Kontexten stärken.“
Eco’n’Good (Economy for the Common Good – Gemeinwohl-Ökonomie)
Die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) ist eine weltweite Bewegung „für ein innovatives, nachhaltiges Wirtschaftsmodell mit dem Ziel einer ethischen Wirtschaftskultur. Als Alternative zum gegenwärtigen Wirtschaftsverständnis baut sie auf den Werten Menschenwürde, ökologische Verantwortung, Solidarität, soziale Gerechtigkeit, demokratische Mitbestimmung und Transparenz auf.“
In Regionalgruppen, bei Online-Veranstaltungen und mit dem ECOnGOOD Label kommen Mitglieder zusammen – in Deutschland und international.
B Corp
B Corporations sind vom B Lab zertifizierte Unternehmen, die gewisse Standards für soziale und ökologische Auswirkungen erfüllen und sich zu verantwortungsvollem Handeln und Transparenz verpflichten. Ursprünglich kommt die Bewegung aus den USA, mittlerweile gibt es auch ein B Lab Deutschland.
Das “B” in “B Corp” steht für “Benefit”, dt. “Nutzen”, “Corp” steht für “Corporation”, dt. “Unternehmen”, und spiegelt … den Nutzen für alle Menschen, Gemeinschaften und unseren Planeten wider.
Zertifizierte Unternehmen vernetzen sich in der B Corp Community. Außerdem gibt es Blogs und Newsletter sowie Events.
Zebras Unite & New Mittelstand
Die globale Bewegung mit dem Berliner Chapter Zebras Unite Berlin setzt auf nachhaltiges Unternehmertum vom Startup bis zur großen Genossenschaft. Das deutsche Chapter wird von der New Mittelstand Community betrieben. Hier modernisieren sich Traditionsbetriebe, während junge Unternehmen Bewährtes lernen. Ethisches Marketing findet seinen Platz im Rahmen von praktischer Integrität.
Pledges & Communitys für ethisches Marketing und Branding
Allen Teams empfehlen wir, den Diskurs über ethisches Marketing anzustoßen und langfristig zu führen. Dabei hilft es, eine Pledge zu unterzeichnen, die die gemeinsame Absicht festhält – ohne Perfektion zu fordern. Communities unterstützen euch bei der Umsetzung.
The Ethical Move
Die (englischsprachige) Pledge der Grassroots-Bewegung The Ethical Move bietet einen nützlichen Einstieg in die Diskussion. Hier waren die Autor_innen ehrenamtlich im Vorstand aktiv.
Im Vordergrund stehen menschenzentriertes Marketing und Sales. Dazu gehören auch transparente, klare, inklusive Kommunikation sowie Verantwortung für Marketing und Sales als Disziplinen.
Wer die Pledge unterschreibt, zeigt seine Zugehörigkeit über eine Badge auf der Firmenwebsite. So wird das Commitment zum Marketing-Boost für dich als Einzelne_n, für euer Unternehmen – und für einen Wandel der Branche.
Auf der Website findest du übrigens eine umfangreiche Liste an (englischsprachigen) Ressourcen.
Brand the Change
Angelehnt an Anne Miltenburgs gleichnamiges Buch ist die Brand the Change Community etwas enger gefasst als The Ethical Move. Auch hier trifft man sich als internationale, englisch sprechende Gruppe zum Thema ethisches Marketing. Doch der Fokus liegt auf dem Branding für öko-soziale Produkte und Organisationen. Anhand der realen Beispiele, die Mitglieder in die Gruppe einbringen, erwacht die Brand-the-Change-Methode zum Leben.
Marketing-Communitys und Pledges mit Fokus auf Klimaschutz
Creatives For Future
Creatives For Future Deutschland ist eine Graswurzelbewegung aus den Bereichen Design und Marketing. Als Kreative_r findest du hier einfache Möglichkeiten, dich für Klimagerechtigkeit einzusetzen. Die ehrenamtliche Arbeit – koordiniert über einen Newsletter, regelmäßige Meetups und Slack – teilt sich in zwei Bereiche auf: Zum einem treibt die Community die Transformation unserer Branche voran. Zum anderen unterstützt sie andere ehrenamtliche Umweltbewegungen. Auch wer wenig Zeit hat, kann hier „punktuell“ aktiv werden, neue Arbeitsweisen erproben und die eigene Wirksamkeit spüren. Wenn du dir ein ökologisch geprägtes Portfolio aufbauen willst, gibt es dazu immer wieder Pro-Bono-Projekte, die Mitstreiter_innen suchen.
Für Agenturen: Creative Climate Disclosure
Zwei Jahre vor Luisa Neubauer wandte sich Solitaire Townsend mit einem TEDx-Talk an die Werbe-, Marketing- und PR-Branche: Are Ad Agencies, PR Firms and Lobbyists Destroying the Climate? Die Mitgründerin und Chief Solutionist der Agentur Futerra hatte bereits 2019 als Antwort auf eine Extinction Rebellion Kampagne zur Climate Disclosure aufgefordert. Seitdem berichten jedes Jahr Agenturen darüber, welcher Anteil ihrer Einnahmen durch Werbung für klimaschädliche Produkte und Leistungen erzielt wird.
Auf der Climate Disclosure Website kannst du als Einzelperson oder Agentur eine Pledge unterzeichnen und eine Vorlage für euer Reporting herunterladen.
Clean Creatives
Eng verwandt, aber viel aktiver sind die Clean Creatives. Hier tun sich Kreative, Werbe- und PR-Profis mit ihren Klient_innen zusammen. Gemeinsames Ziel: Agenturen sollen keine Aufträge mehr von Organisationen annehmen, die die Nutzung fossiler Brennstoffe fördern, solche Stoffe produzieren und verkaufen. Es gibt eine Pledge, immer wieder Mini-Kampagnen und gut recherchierte Hintergrundberichte.
Creatives for Climate
Auch Creatives for Climate entstand 2019 als Antwort auf eine Extinction Rebellion Kampagne. Die niederländische, englischsprachige Stiftung vernetzt Tausende Profis aus dem Kreativbereich, die ihre Skills und Kenntnisse für eine gerechte, regenerative Welt einsetzen.
Die zugehörige Online-Community war die erste ihrer Art. Hier werden Kreative zu Change Agents ausgebildet, tauschen Aufträge und Stellenanzeigen aus und erproben sich in aktivistischen Kampagnen.
Über die hier genannten Gruppen hinaus gibt es noch viele lokale, deutschlandweite und globale Communities. Eine Online-Suche lohnt sich!
Wie sieht deine Traum-Community aus?
Mach dir Notizen dazu, was du dir von einer Community erhoffst. Dabei kannst du dich von diesen Impulsen inspirieren lassen:
- englischsprachig – deutschsprachig
- kostenfrei – gegen Mitgliedsgebühr
- klimabezogen – allgemein ethisch oder wertorientiert ausgerichtet
- Treffen vor Ort – Treffen online
Folgende Möglichkeiten suche ich für meinen persönlichen Werdegang:
- Ich will mein Portfolio mit der Community teilen
- Ich suche nach Aufträgen (ehrenamtlich? gegen Bezahlung?)
- Ich suche Training und Weiterbildung
- Ich will öffentlich auftreten, Versammlungen leiten, in den Medien erscheinen
Welche anderen Kriterien fallen dir ein?
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